“Sehen und gesehen werden” ist wichtig, damit sich ökologische Lebensweisen verbreiten. In diesem Zusammenhang gibt es unterschiedliche Akteure, Formen und Methoden. Wir stellen Ihnen einige vor.

Faktenwissen

Ob eine Möhre frisch ist oder ein Kleidungsstück passt, können Konsument*innen leicht herausfinden. Ob die Möhre oder die Baumwolle ökologisch angebaut und unter fairen Arbeitsbedingungen geerntet wurde und ob bei der Herstellung der Kleidung Strom aus erneuerbaren Energien verwendet wurde, bleibt für das Auge unsichtbar. Häufig fehlen bei Produkten Angaben zu ökologischen und sozialen Aspekten – die sogenannten Nachhaltigkeitseigenschaften. Konsument*innen können deshalb nur schwer erkennen, ob ein Produkt wirklich nachhaltig ist. Zwar hat sich die Kennzeichnung zum Beispiel durch Ökolabel im Gegensatz zu früher deutlich verbessert, ein Beispiel ist der staatliche „Blaue Engel“. Als ältestes Umweltsiegel wurde es 1978 eingeführt. Dennoch gibt es nach wie vor Informationsdefizite, was die nachhaltigen Qualitäten eines Produkts angeht. Deshalb bedarf es gesonderter und besonders "glaubwürdiger" Informationsangebote, um die nachhaltigen Eigenschaften von Produkten und Dienstleistungen sichtbar und erkennbar zu machen.

Laut einer Umfrage des Bundesverbands der Verbraucherzentrale finden 63 Prozent der Befragten die Informationen zu den Produkten nicht ausreichend, 36 Prozent kaufen nicht nachhaltig ein, weil sie die Produkte nicht erkennen.

Darstellung von Umfrageergebnissen unter Verbraucher*innen


EU-Energielabel

Ein gelungenes und etabliertes Beispiel mit starker Außenwirkung ist das EU-Energielabel. Laut der EU-Kommission kennen und nutzen rund 85 Prozent der europäischen Verbraucher*innen das EU-Energielabel beim Gerätekauf. Eingeführt wurde es im Jahr 1998. Was das Energielabel auszeichnet? Es ist gut erkennbar, es ist Pflicht und betrifft eine große Produktpalette von Auto bis Waschmaschine. Außerdem wurden die Energieeffizienzklassen im Verlauf der Jahre mehrmals angepasst und in ihrem Informationsgehalt für Verbraucher*innen verbessert. Ab März 2021 sollen neue Label für mehr Transparenz im Gerätevergleich sorgen.  

Neben den neuen Energieeffizienzklassen legte die EU-Kommission bei elf neuen Ökodesign-Verordnungen weitere Nachhaltigkeitsstandards bei Elektrogeräten fest. Dazu gehört beispielsweise die Reparatur- und Recycling-Fähigkeit, die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Reparaturanleitungen. Diese Informationen sind nicht Teil des neuen Energielabels, sollen Verbraucher*innen aber in Form von Aufklebern oder möglicherweise über die Europäischen Produktdatenbank für die Energieverbrauchskennzeichnung (EPREL-Datenbank) der EU künftig zur Verfügung stehen.

Energielabel Kühlschrank

Damit sich nachhaltige Produkte verbreiten, müssen Konsument*innen sie nicht nur erkennen, sondern auch finden können – am besten an ihren gewohnten Einkaufsorten. Könnte Werbung intensiver für die Verbreitung noch wenig bekannter nachhaltiger Produkte genutzt werden?
 
Unternehmen wollen, dass ihre Produkte gesehen und gekauft werden. Sie geben deshalb viel Geld für Werbung aus. Laut einer Studie von research tools haben Stromanbieter 56 Millionen Euro in den Jahren 2016/2017 für Werbung im Bereich „Erneuerbare Energien“ ausgegeben und ihre Werbeausgaben dort um mehr als zwölf Millionen erhöht. Unternehmen reagieren zunehmend darauf, dass immer mehr Menschen Klima- und Umweltschutz als wichtig ansehen. Demzufolge fließt auch mehr Geld in die Werbung.   

Im Vergleich dazu stehen Projekten in der Umweltbildung und -kommunikation geringe Summen zur Verfügung. Natur- und Umweltschutzverbände generieren ihre Einnahmen zum großen Teil aus Spenden. Greenpeace hatte 56 Millionen Euro (2016) und der BUND rund 20 Millionen Euro (2016) Spendeneinnahmen. Das klingt nach viel? Ist es aber nicht: Mit diesem Geld finanzieren die Verbände sehr viele und unterschiedliche Projekte, sodass sie nur einen geringen Teil zum Beispiel für die Kommunikation von nachhaltigem Konsums nutzen.

Deshalb ist es im Prinzip gut, wenn Ausgaben für Werbung zur „Umweltkommunikation“ werden, indem Unternehmen für ihre nachhaltigen Produkte werben, denn so verbreiten sie nachhaltigen Konsum: Supermärkte werben für Biolebensmittel, Ökostromanbieter für erneuerbare Energien oder Ökobanken für nachhaltige Geldanlagen. Laut einer Online-Befragung des Magazins „Utopia“ sind 82 Prozent Befragten offen für Inspiration und Werbung. 33 Prozent sagen, dass sie „voll und ganz“ der Aussage zustimmen, dass Werbung sie zum Kauf von nachhaltigen Produkten inspiriert, weitere 49 Prozent stimmen dem „eher“ zu. 

 

Während Umweltbildung und -kommunikation das Ziel haben, Konsument*innen aufzuklären und damit zu bewussten, umweltfreundlichen Konsumentscheidungen zu motivieren, werden diese aber zu einem großen Anteil durch unterbewusste Einflussfaktoren bestimmt. Solche Einflussfaktoren sind Gewohnheiten (Welches Verkehrsmittel nutze ich täglich?), soziale Normen (Welche Mode ist angesagt?), Vergleiche (Welche Produkte kaufen meine Freunde?) oder Gefühle (Was tut mir gut?). Erfolgreiche Werbung berücksichtigt und adressiert deshalb diese unbewussten Entscheidungsgrößen. 

Das Gleiche gilt aber auch für Umweltpolitik wie für uns selbst: Wenn wir bewusst die Entscheidungslogiken des Unterbewusstseins berücksichtigen und die Entscheidungssituationen so ändern, dass umweltfreundlichere Konsumentscheidungen „automatisch“, d. h. ohne intensives Nachdenken getroffen werden, können wir nachhaltigen Konsum dauerhafter und erfolgreicher in der Gesellschaft verankern. Das funktioniert im Großen, wenn z. B. mittels Steuerpolitik umweltfreundliche Produkte günstiger, umweltschädliche Produkte teurer werden. Oder wenn gut ausgebaute Radwege in einer Stadt es Bürger*innen erleichtern, das Fahrrad anstelle des Autos zu nehmen. 

Es funktioniert aber auch im Kleinen: Werden zum Beispiel Obst und Salate in einer Kantine auf Augenhöhe positioniert oder an der Warteschlange zur Kasse, greifen die Angestellten eher zu, als wenn Obst und Salate einen anderen Standort haben. Oder wenn im Drucker das doppelseitige Drucken als Standardkonfiguration voreingestellt ist. Es gibt noch viele Beispiele dafür, wie das unbewusste Verhalten von Konsument*innen beeinflusst werden kann. In der Fachsprache wird das Nudging genannt, wenn Menschen quasi in ein Verhalten „gestupst“ werden, ohne dass sie dazu verpflichtet werden. In dem oben genannten Beispiel greifen die Menschen zum Salat, weil ihnen die Entscheidung erleichtert wird. 

Es geht demnach nicht nur darum, nachhaltigen Konsum möglichst sichtbar und zur bewussten Entscheidung zu machen, sondern – im Gegenteil – auch darum, die Entscheidungssituationen so zu gestalten, dass wir uns unterbewusst bzw. automatisch für nachhaltige Konsumoptionen entscheiden. Auf diese Weise kann nachhaltiger Konsum zum Standard werden. 

Kritisch nachgedacht

Ob Hybridauto, Fair-Trade-Jeans oder Solaranlage: Den meisten geht es beim nachhaltigen Konsum doch gar nicht um die Umwelt, sondern nur um das Prestige. Grüner Lifestyle ist nur ein Statussymbol?

In der Tat gibt es – nicht nur beim nachhaltigen Konsum – immer wieder Menschen, die bei dem Spruch „Tue Gutes und rede darüber“ vor allem an das Reden und das eigene Prestige denken. Das kann aber kein Argument gegen das Tun des Guten sein. 

Gerade umweltbewusster Konsum braucht Vorreiter und Menschen, die sich zeigen und ihre Konsumentscheidungen sichtbar machen – egal, was andere darüber denken. Häufig genug bedeutet Umwelthandeln das Gegenteil von Prestige, weil man sich erst mal gegenläufig zum Trend bewegt. Denken wir zum Beispiel an die „Müsli-Ökos“ in den 1980ern oder an die Anfänge der veganen Bewegung.

Deshalb denken wir: Es ist gut, wenn gesellschaftsdienliches Verhalten im allgemeinen und nachhaltiger Konsum im Besonderen auch mit einem positiven Image einhergeht. Wir dürfen uns durchaus gut fühlen, wenn wir Gutes tun. Es liegt dann an jedem Einzelnen darauf zu achten, dass das notwendige Reden über das Tun des Guten nicht zur Angeberei verkommt.

 

Egal, ob grüne oder konventionelle Werbung – sie degradiert uns zum Konsumäffchen.

Viele Menschen vertrauen Werbung nicht. Werbung spielt mit plakativen Botschaften, setzt Impulse sowie Anreize und triggert Emotionen, mit denen Menschen Marken und Produkte verbinden sollen. Sachliche Informationen spielen eher eine Nebenrolle. Doch Menschen lassen sich kein X für ein U vormachen – also ist Glaubwürdigkeit ebenso ein Kriterium für gute Werbung.

Jedoch ist Werbung Kommunikation und bewegt Menschen zum Weitersagen, Empfehlen und miteinander teilen. So gesehen vertrauen wir ständig Werbung. Findet eine Freundin ein Buch besonders gut, das sie aus der Werbung kennt oder hat ein Freund eine Haarseife ausprobiert, mit der er sehr zufrieden ist, dann erzählen sie es ihren Freund*innen weiter. 

Wir denken: Ein kritischer Blick auf die Werbebotschaft ist immer nötig. Werbung macht Marken und Produkte bekannt. Ob die Produkte halten, was sie versprechen, sollten Konsument*innen prüfen. Vertrauenswürdige Siegel können dabei helfen. Werbung kann immer nur eine Informationsquelle von vielen sein.

 

Wir brauchen nicht mehr Ökoprodukte, sondern weniger Konsum – und damit auch weniger offensive Werbung.

Ja, weniger Konsum wäre gut. Man kann zurecht fragen: Was nützen energieeffiziente Geräte, gedämmte Häuser oder Recyclingpapier, wenn wir immer mehr davon konsumieren und mit dem Mehr an Ressourcen, Energie und Müll die Einsparungen wieder zunichtemachen? Es gibt immer wieder Menschen und Gruppen, die eine solche Lebensweise mit weniger Konsum („Lifestyle of Voluntary Simplicity“) versuchen umzusetzen.

Aber die Erfahrung zeigt, dass freiwillige Verzichtsappelle nur wenig Breitenwirkung entfalten können. Menschen, die bewusst verzichten, werden häufig als Spaßbremsen wahrgenommen. Das Nicht-Konsumieren bleibt meist unsichtbar, hat keine Lobby und verharrt in der Nische. Umgekehrt sind viele Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen bisher stark auf „Konsumwachstum“ ausgerichtet.

Deshalb denken wir: Es braucht beides – weniger bzw. anderen Konsum verbunden mit der Diskussion über wachstumsunabhängigere Wirtschaftsstrukturen ebenso wie mehr nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Wir brauchen nachhaltige Alternativen, die eine niedrige Hemmschwelle besitzen, auch Spaß machen und zum sichtbaren Trend für den Massenmarkt werden können. Wichtig ist dabei, dass nachhaltige die nicht nachhaltigen Angebote ersetzen und nicht zusätzlich dazu kommen. Deshalb betrachtet z. B. der Konsumindikator der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie die Marktanteile von grünen Produkten und nicht deren Umsatzvolumen.

 

Methoden der Wissenschaft

Boomt der nachhaltige Konsum in Deutschland? Es ist schwierig, diese Frage zu beantworten. Denn nachhaltiger Konsum beinhaltet zum einen viele unterschiedliche Produkte und Dienstleistungen – von Biolebensmitteln über energiesparende Waschmaschinen bis hin zur Hausdämmung und zum Teilen ungenutzten Wohnraums. Zum anderen konsumiert jede*r unterschiedlich viel Fleisch oder Strom, sodass ebenso Konsumniveaus eine Rolle spielen.

Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Fachrichtungen wie Ökonom*innen, Soziolog*innen und Umweltwissenschaftler*innen nutzen Marktbeobachtungen und Meinungsumfragen, um die Wirkung und Veränderung von Konsum und Konsumverhalten sichtbar zu machen. Die Ergebnisse helfen dabei, Politikmaßnahmen sowie das Erreichen der nationalen und globalen Nachhaltigkeitsziele zu überprüfen. Auch können die Ergebnisse wichtige Anzeichen für Politik und Wirtschaft sein. Zum Beispiel, ob Bürger*innen bereit sind, eine ökologische Politik mitzutragen oder mehr umweltfreundliche Produkte zu kaufen. Wir stellen Ihnen die wichtigsten Instrumente vor.

Werbung macht’s – Sichtbarkeit versus Glaubwürdigkeit

Werbung kann helfen, nachhaltige Produkte für viele sichtbar zu machen. Adressiert an ausgesuchte Zielgruppen spricht Werbung die Emotionen der Menschen an und beeinflusst ihre Einstellungen. Werbung kann aber auch täuschen, wenn zum Beispiel Produkte grün gefärbt werden oder zu „unnötigem“ Mehrkonsum anregen. Wie bewerben Unternehmen nachhaltigen Konsum? Wie kann Werbung irreführen? Oder: Sollte Werbung aus Umweltsicht besser eingeschränkt werden? Wir stellen ein paar Beispiele vor.

Mit Humor gelingt es zum Beispiel, Menschen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger zu mahnen, sondern auf angenehme Weise zu erreichen. Das zeigt ein Umweltspot von Frosch. Das Unternehmen macht auf die Ausmaße von Greenwashing multinationaler Konzerne aufmerksam. Der Schauspieler und Aktivist Hannes Jaenicke klärt hier zusammen mit dem stärksten Mann der Welt, Patrik Baboumian, einem überzeugten Veganer, über Greenwashing auf. Auf Facebook erreichte der Clip mehr als 7,3 Millionen Aufrufe und auf Youtube 1,5 Millionen.

 

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Influencer*innen bewerben Nachhaltigkeit

Auch nachhaltige Unternehmen lassen ihre Produkte von Instagram- und Youtube-Stars bewerben, um vor allem junge Zielgruppen zu erreichen. Sie werden dafür bezahlt, dass sie in ihren Blogartikeln, Videos und Foto-Posts Produkte präsentieren. Influencer*innen genießen bei ihren Fans großes Vertrauen, weil sie als authentisch gelten. Das Stichwort ist Authentizität. Doch genau die hat zwei Seiten.

Zum einen sind Influencer*innen für Unternehmen sehr interessant, gerade weil sie Einblicke in ihr Privatleben geben und dadurch sehr authentisch wirken. Immerhin erreichen Influencer*innen – je nachdem welchen Themen sie präsentieren–, eine Fangemeinde aus teils mehr als einer Million Followern. Nachhaltigkeitsinfluencer*innen kommen bisher noch auf weniger Fans.

Zum anderen kann die Bezahlung für Nachhaltigkeitsinfluencer*innen auch ein Nachteil sein. Ihre Glaubwürdigkeit lebt davon, dass sie die Produkte aus Überzeugung empfehlen – und nicht, weil sie Geld dafür erhalten. Gesetzlich ist zwar vorgeschrieben, dass die Werbung kenntlich gemacht werden muss. Doch das trägt nicht zwangsläufig zur Glaubwürdigkeit bei. Manche Menschen sehen einen grundsätzlichen Widerspruch zwischen Nachhaltigkeit und Werbung. 

Produkte mit grünem Anstrich

Werbung für umweltfreundliche Produkte kann Konsument*innen auch verunsichern. Es kommt vor, dass Produkte nicht immer so grün sind, wie sie es vorgeben. Man spricht von Greenwashing. Das heißt, Unternehmen geben Produkten ein grünes Image. Dabei lenken sie häufig von Umweltproblemen ihres Unternehmens oder ihrer Produkte ab. Dass ein Produkt selbst klimafreundlich ist, bedeutet noch nicht, dass es auch klimafreundlich hergestellt wurde. Eine andere Form von Greenwashing ist zum Beispiel, dass bei angeblich ökologischen Produkten irrelevante Eigenschaften betont werden – wie etwa bei einer Spraydose mit dem Aufdruck „FCKW-frei“. FCKWs sind schon seit vielen Jahren in Deutschland verboten und müssen nicht als besondere Umwelteigenschaft ausgezeichnet werden.

Der Discounter Lidl machte zum Beispiel aktuell mit der "Kreislaufflasche" mit prominenter Unterstützung auf sich aufmerksam. Der Discounter stellt recycelbare Einwegflaschen als besonders umweltfreundlich dar. Nur sind die Herstellung und das Recycling von Einweg-Plastikflaschen klimaschädlicher als Mehrwegflaschen. Mehrwegflaschen – egal ob aus Glas oder dem Kunststoff PET – schneiden in Sachen Ökobilanz nach wie vor deutlich besser ab als Einweg-Getränkeverpackungen.

 

Oder doch besser ohne Werbung?

Wie wäre es, wenn es ein Werbeverbot für umweltschädlichen Konsum gäbe? Ähnlich wie zum Schutz der Gesundheit als Grund für das Tabakwerbeverbot könnte der Schutz unserer Lebensgrundlagen die Motivation für ein Werbeverbot für umweltschädlichen Konsum sein.

Der Blick in die Vergangenheit lässt jedoch vermuten, dass ein solches Werbeverbot für eine lange Debatte zwischen Lobbyverbänden der Unternehmen, politischen Parteien und Umweltverbänden sorgen würde. Das Werbeverbot für Tabakprodukte hat vom Aufkommen des Themas bis zum gesetzlichen Verbot mehr als 40 Jahre in Anspruch genommen. In Deutschland wurde bereits seit 1975 in einigen Medien Tabakwerbung eingeschränkt. Kinowerbung für Zigaretten ist seit 2002 verboten. An Plakatwänden ist Werbung für Tabak noch erlaubt. Um das vollständige Verbot ringt die Bundesregierung heute noch. Erst 2022 soll Tabakwerbung komplett verboten werden.

Manche Städte regulieren bereits Werbung im Außenraum. Ein bekanntes Beispiel ist Sao Paulo. In der brasilianischen Stadt wurde 2007 ein Verbot für Außenwerbung eingeführt. Mittlerweile haben sich Initiativen in vielen Städten gegründet, die sich für ein Verbot von Werbung im öffentlichen Raum aussprechen. Die Städte sollen lebenswerter, die Architektur sichtbarer und grüner werden - siehe zum Beispiel die Initiative „Berlin werbefrei“.

Unser Fazit: Ob klassische Plakatwerbung, Filmclips, Posts auf Instagram oder Blogartikel – Werbung darf und soll auch Spaß machen. Werbung kann die Sichtbarmachung und Verbreitung von nachhaltigen Produkten unterstützen. Dennoch ist eine kritische Betrachtung zum Beispiel durch Umweltverbände und Verbraucherzentralen ebenso wichtig wie werbefreie Räume (Bildungseinrichtungen, im öffentlichen Raum etc.). Zudem sollten Verbraucher*innen Werbebotschaften kritisch hinterfragen. Hier ein paar Tipps, worauf Sie achten können:

  • Wichtig ist, dass Unternehmen transparent kommunizieren.
  • Sich nicht von Werbebotschaften täuschen lassen: Umweltaussagen sollten gemäß DIN EN ISO 14020 genau und überprüfbar sein. Sie dürfen nicht vorhandene Umweltverbesserungen weder direkt noch indirekt behaupten. Bundesumweltministerium, Umweltbundesamt und der Bund der Deutschen Industrie (BDI) haben für Unternehmen eine entsprechende Handreichung veröffentlicht.
  • Nur weil auf Werbebildern grüne Bäume, gesunde Menschen, Blumen, Wiesen oder rauschende Bäche zu sehen sind, sagt das noch nichts über die Nachhaltigkeit der Produkte aus.

 

Sehen und gesehen werden

Jede*r kann durch sein umweltbewusstes Handeln dazu beitragen, dass sich nachhaltiger Konsum verbreitet. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass die Handlungen für andere erkennbar sind. Sichtbare Handlungen sind Signale, die andere zum Nachahmen motivieren können. Nachhaltige Konsumhandlungen sind sehr vielfältig und entfalten somit eine unterschiedliche Außenwirkung. Wir stellen Ihnen einige Beispiele vor:

Haus mit Solar als Role Model für Nachahmer
Foto: Erhard Renz, flicker.com

 

Die Solaranlage auf dem Dach oder ein Lastenrad vor dem Haus sind Zeichen und Verhaltensspuren nachhaltiger Taten, die zum Nachahmen “anstiften”. Sei es beim Hausnachbarn, der die Solarpanels sieht und im Gespräch erfährt, dass sich die Kosten für Photovoltaik-Anlagen drastisch gesenkt haben – seit 2006 um mehr als 75 Prozent. Oder sei es die Nachbarin, die sich über Carsharing informiert. Oder ein anderes Beispiel: Niki Harré, die Autorin von »Psychology for a Better World« legt jeden Morgen ihren Fahrradhelm demonstrativ auf ihren Büroschreibtisch, damit er anderen Menschen ihre nachhaltige Verkehrsmittelwahl signalisiert.

Die Solaranlage auf dem Dach zieht sogar noch weitere Kreise in Ihrer Außenwirkung. Die Eigenproduktion von Strom nehmen konventionelle Stromanbieter wahr, zudem finanzieren Sie mit dem Kauf einer Solaranlage eine Unternehmerlobby, die ein Interesse an einer Politik für erneuerbare Energien besitzt.

Manche Handlungen sind hingegen für andere unsichtbar, wie etwa das Energiesparen im Haushalt. Das Abschalten des Stand-by-Modus an Elektrogeräten ist zwar ein erster sehr kleiner Schritt, doch für andere Menschen kaum wahrnehmbar. Bezieht ein Haushalt jedoch zertifizierten Ökostrom, kann dies von Stromanbietern als Marktsignal erkannt werden. Hat man eine Solaranlage auf dem Hausdach, sehen es sogar nicht nur die Nachbarn. Genauso kann der Bioladeneinkauf als Marktsignal erkannt werden und zu mehr Werbung für nachhaltige Produkte der Supermärkte und Bioläden führen, um noch mehr Kund*innen anzusprechen.

 

Von Wirkung, Role Models und Mut

Wie kann jede*r Einzelne ihre/seine Umwelt positiv beeinflussen und Nachahmungseffekte durch Sichtbarkeit erzeugen?

In der Psychologie hat sich soziales Modellverhalten als erfolgreiche Strategie erwiesen, um umweltbewusstes Verhalten zu fördern. Das bedeutet, einen nachhaltigen Lebensstil vorzuleben. Vorbilder oder auch Role Models sind wichtige Lotsen für eine Verbreitung nachhaltiger Lebensweisen zum Beispiel über die Medien, in der eigenen Schule oder unter Freund*innen. Sie vermitteln Orientierung, bestärken im Tun und liefern Inspiration.

Zitat von Greta Thunberg
© Greta Thunberg

 

Das Vorbild kann sowohl eine berühmte Person des öffentlichen Lebens als auch jede*r von uns sein. Viele Menschen finden in ihrem eigenen sozialen Umfeld ihre Vorbilder. Gleichaltrige Lehrer*innen, Sporttrainer*innen, Nachbar*innen oder politisch engagierte Menschen können einen Eindruck davon vermitteln, wie man nachhaltige Lebensweisen sichtbar machen und andere mitnehmen kann. Doch Role Model sein, heißt auch, sich erkennen zu geben. Das erfordert Mut und bedeutet mitunter, seine Komfortzone zu erweitern – ohne die Gewissheit, dass die Sichtbarkeit auf positive Resonanz bei anderen stößt.

 

Handlungsempfehlungen

Wie machen Sie Ihr umweltbewusstes Handeln sichtbar?

Greenpeace Aufkleber auf dem Briefkasten oder eine Solaranlage auf dem Dach? Wählen Sie einen Typ aus!

 

 

Learnings

  • 1. Nachhaltiger Konsum braucht Sichtbarkeit, damit er sich verbreiten kann.
  • 2. Werbung kann helfen, um nachhaltigen Konsum sichtbarer zu machen und zu verbreiten.
  • 3. Ein kritischer Blick ist wichtig, um Greenwashing zu erkennen.
  • 4. Jede*r kann seine nachhaltige Lebensweise sichtbar machen.
  • 5. Jede*r kann ein Role Model werden.
  • 6. Die Wissenschaft nutzt Meinungsumfragen und Marktzahlen, um nachhaltigen Konsum sichtbar zu machen.
  • 7. Politik und Wirtschaft nutzen die Ergebnisse, um Hemmschwellen zu erkennen und Maßnahmen abzuleiten.